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Einleitung

1. Die Parteilichkeit der politischen Ökonomie
2. Der Gegenstand der politischen Ökonomie
3. Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse
4. Der Charakter ökonomischer Gesetze
5. Die Methode der marxistischen politischen Ökonomie
6. Die Bedeutung der marxistischen politischen Ökonomie für den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse

1. Die Parteilichkeit der politischen Ökonomie

Die politische Ökonomie erforscht nicht vom Leben losgelöste Fragen, sondern ganz reale, aktuelle Fragen, die die Lebensinteressen der Menschen, der Gesellschaft, der Klassen berühren. Ist der Untergang des Kapitalismus und der Sieg des sozialistischen Wirtschaftssystems unvermeidlich? Widersprechen die Interessen des Kapitalismus den Interessen der Gesellschaft und der progressiven Entwicklung der Menschheit? Ist die Arbeiterklasse der Totengräber des Kapitalismus und der Träger der Ideen von der Befreiung der Gesellschaft vom Kapitalismus? Welches Verhältnis besteht zwischen den ökonomischen Entwicklungsgesetzen des Sozialismus und der politischen Konterrevolution? Alle diese Fragen werden von den verschiedenen Ökonomen auf verschiedene Weise beantwortet, je nachdem, welche Klasseninteressen sie vertreten. Daraus ist auch zu erklären, dass es gegenwärtig keine für alle Klassen der Gesellschaft einheitliche politische Ökonomie gibt, sondern dass es mehrere politische Ökonomien gibt: die bürgerliche politische Ökonomie, die proletarische politische Ökonomie und schließlich die politische Ökonomie der Zwischenklassen, die kleinbürgerliche politische Ökonomie.

Daraus aber folgt, dass die Ökonomen vollkommen im Unrecht sind, die behaupten, die politische Ökonomie sei eine neutrale, unparteiliche Wissenschaft, die politische Ökonomie sei vom Klassenkampf in der Gesellschaft unabhängig und stehe weder direkt noch indirekt mit irgendeiner politischen Partei in Verbindung.

Ist überhaupt eine objektive, unvoreingenommene, die Wahrheit nicht fürchtende politische Ökonomie möglich? Sie ist ohne Zweifel möglich. Eine solche objektive politische Ökonomie kann nur die politische Ökonomie jener Klasse sein, die nicht daran interessiert ist, die Widersprüche gesellschaftlicher Entwicklung im Allgemeinen und die Widersprüche des Kapitalismus im Besonderen zu verschleiern, also dessen Geschwüre zu verbergen, die nicht an der Erhaltung der kapitalistischen Ordnung interessiert ist, deren Interessen mit den Interessen der Befreiung der Gesellschaft von der kapitalistischen Knechtschaft zusammenfallen, deren Interessen mit den Interessen der progressiven Entwicklung der Menschheit auf einer Linie liegen. Diese Klasse ist die Arbeiterklasse. Daher kann eine objektive und uneigennützige politische Ökonomie nur eine politische Ökonomie sein, die sich auf die Interessen der Arbeiterklasse stützt und diese vertritt. Eine solche politische Ökonomie ist die politische Ökonomie des Marxismus-Leninismus.

2. Der Gegenstand der politischen Ökonomie

Die politische Ökonomie gehört zu den Gesellschaftswissenschaften. Sie erforscht die Gesetze der gesellschaftlichen Produktion und Verteilung der materiellen Güter auf den verschiedenen Entwicklungsstufen der menschlichen Gesellschaft.

Die Grundlage des Lebens der Gesellschaft ist die materielle Produktion. Um zu leben, müssen die Menschen Nahrung, Kleidung und anderes mehr produzieren. Deshalb müssen die Menschen diese Güter produzieren, müssen sie arbeiten. Die Menschen produzieren die materiellen Güter, das heißt, sie führen den Kampf mit der Natur nicht als Einzelwesen, sondern gemeinsam, in Gruppen, in Gesellschaften. Folglich ist die Produktion stets und unter allen Bedingungen gesellschaftliche Produktion, und die Arbeit ist Tätigkeit des gesellschaftlichen Menschen.

Der Prozess der Produktion der materiellen Güter setzt folgende Elemente voraus: 1. die Arbeit des Menschen, 2. den Arbeitsgegenstand und 3. die Arbeitsmittel.

Arbeit ist die zweckmäßige Tätigkeit des Menschen, in deren Prozess er Naturstoffe zur Befriedigung seiner Bedürfnisse verändert und diesen anpasst. Arbeit ist jene Tätigkeit, durch die sich die Menschen Naturstoffe für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse aneignen. Menschliche Arbeit ist gedanklich vorausbestimmte, auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Tätigkeit. Gerade hierin unterscheidet sich die menschliche Arbeit von allen an den Instinkt gebundenen tierischen Aktivitäten. Die Arbeit ist eine Naturnotwendigkeit, ist die unerlässliche Existenzbedingung der Menschen. Ohne Arbeit wäre das menschliche Leben selbst unmöglich.

Arbeitsgegenstand ist all das, worauf die Arbeit des Menschen gerichtet ist. Die Arbeitsgegenstände können sich unmittelbar in der Natur vorfinden, zum Beispiel das Holz, das im Wald gefällt, oder das Erz, das aus den Tiefen der Erde gewonnen wird. Arbeitsgegenstände, auf die schon frühere Arbeit eingewirkt hat, zum Beispiel das Erz im Hüttenwerk oder die Baumwolle in einer Spinnerei, bezeichnet man als Rohstoff oder Rohmaterial.

Arbeitsmittel sind alle Dinge, mit deren Hilfe der Mensch auf den Gegenstand seiner Arbeit einwirkt und ihn verändert. Zu den Arbeitsmitteln gehören vor allem die Produktionsinstrumente sowie die Erde, Betriebsgebäude, Straßen, Kanäle, Lagerhäuser usw. Unter den Arbeitsmitteln spielen die Produktionsinstrumente die bestimmende Rolle. Dies sind die mannigfachen Instrumente, die der Mensch bei der Arbeit verwendet, angefangen von den groben Werkzeugen der Menschen der Urgesellschaft bis zu den modernen Maschinen. Das Entwicklungsniveau der Produktionsinstrumente ist der Gradmesser für die Herrschaft der Gesellschaft über die Natur, ist der Gradmesser für die Entwicklung der Produktion. Die ökonomischen Epochen unterscheiden sich nicht dadurch, was produziert wird, sondern wie, mit welchen Produktionsinstrumenten produziert wird.[1]

Die Arbeitsgegenstände und die Arbeitsmittel bilden die Produktionsmittel. Die Produktionsmittel an sich, wenn sie nicht mit der Arbeitskraft vereinigt sind, stellen nur einen Haufen toter Dinge dar. Damit der Arbeitsprozess beginnen kann, muss sich die Arbeitskraft mit den Produktionsinstrumenten vereinigen.

Arbeitskraft ist die Fähigkeit des Menschen zur Arbeit, ist die Gesamtheit der physischen und geistigen Kräfte des Menschen, mittels deren er materielle Güter zu produzieren vermag. Die Arbeitskraft ist das aktive Element der Produktion, sie setzt die Produktionsmittel in Bewegung. Mit der Entwicklung der Produktionsinstrumente entwickelt sich auch die Fähigkeit des Menschen zur Arbeit, sein Geschick, seine Fertigkeit, seine Produktionserfahrung. Die Produktionsinstrumente, mit deren Hilfe die materiellen Güter produziert werden, sowie die Menschen, die diese Instrumente in Bewegung setzen und die Produktion der materiellen Güter dank einer gewissen Produktionserfahrung und Arbeitsfertigkeit bewerkstelligen, bilden die Produktivkräfte der Gesellschaft. Die werktätigen Massen sind die Hauptproduktivkraft der menschlichen Gesellschaft in allen Etappen ihrer Entwicklung.

3. Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse

Die Produktivkräfte bringen das Verhältnis der Menschen zu den für die Produktion der materiellen Güter benutzten Gegenständen und Kräften der Natur zum Ausdruck. Doch in der Produktion wirken die Menschen nicht allein auf die Natur, sondern auch aufeinander. „Sie produzieren nur, indem sie auf eine bestimmte Weise zusammenwirken und ihre Tätigkeiten gegeneinander austauschen. Um zu produzieren, treten sie in bestimmte Beziehungen und Verhältnisse zueinander, und nur innerhalb dieser gesellschaftlichen Beziehungen und Verhältnisse findet ihre Einwirkung auf die Natur, findet die Produktion statt.“[2] Die bestimmten Beziehungen und Verhältnisse der Menschen im Prozess der Produktion der materiellen Güter bilden die Produktionsverhältnisse.

Der Charakter der Produktionsverhältnisse hängt davon ab, in wessen Eigentum sich die Produktionsmittel befinden (der Boden, die Waldungen, die Gewässer, die Bodenschätze, die Rohmaterialien, die Produktionsinstrumente, die Betriebsgebäude, die Verkehrsmittel, das Nachrichtenwesen u.ä.) — im Eigentum einzelner Personen, sozialer Gruppen oder Klassen, die diese Mittel zur Ausbeutung der Werktätigen gebrauchen, oder im Eigentum der Gesellschaft, einer Gesellschaft, deren Ziel die Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Volksmassen, der gesamten Gesellschaft ist. Die jeweiligen Produktionsverhältnisse zeigen an, wie die Produktionsmittel und folglich auch die von den Menschen produzierten materiellen Güter unter die Mitglieder der Gesellschaft verteilt werden. Somit ist die Grundlage der Produktionsverhältnisse eine bestimmte Form des Eigentums an den Produktionsmitteln.

Die Verhältnisse der Produktion bestimmen auch die entsprechenden Verhältnisse der Verteilung. Die Verteilung ist das Bindeglied zwischen der Produktion und der Konsumtion.

Die in der Gesellschaft erzeugten Produkte dienen der produktiven oder der individuellen Konsumtion. Produktive Konsumtion heißt Verbrauch von Produktionsmitteln zur Schaffung materieller Güter. Individuelle Konsumtion heißt Befriedigung der Bedürfnisse des Menschen an Nahrung, Kleidung, Wohnung usw.

Die Verteilung der produzierten Gegenstände der individuellen Konsumtion hängt von der Verteilung der Produktionsmittel ab. In der kapitalistischen Gesellschaft gehören die Produktionsmittel den Kapitalisten, infolgedessen gehören auch die Arbeitsprodukte den Kapitalisten. Die Arbeiter besitzen keine Produktionsmittel und sind, um nicht Hungers zu sterben, gezwungen, für die Kapitalisten zu arbeiten, die sich die Produkte ihrer Arbeit aneignen. In der sozialistischen Gesellschaft sind die Produktionsmittel gesellschaftliches Eigentum. Infolgedessen gehören die Arbeitsprodukte vermittels des Staates der Arbeiter und Bauern den Werktätigen selbst.

Produktion, Verteilung, Austausch und Konsumtion bilden eine Einheit, in der die Produktion die bestimmende Rolle spielt.

Die Gesamtheit der „Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt, und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewusstseinsformen entsprechen“.[3] Einmal auf die Welt gekommen, übt der Überbau seinerseits einen aktiven rückwirkenden Einfluss auf die Basis aus, er beschleunigt oder hemmt deren Entwicklung.

Die Produktion hat eine technische und eine gesellschaftliche Seite. Die technische Seite der Produktion wird von den technischen und den Naturwissenschaften erforscht. Die politische Ökonomie hingegen erforscht die gesellschaftliche Seite der Produktion, die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse, das heißt die ökonomischen Verhältnisse der Menschen. „Die politische Ökonomie“, schrieb W. I. Lenin, „befasst sich keineswegs mit der ›Produktion‹, sondern mit den gesellschaftlichen Verhältnissen der Menschen in der Produktion, mit der gesellschaftlichen Struktur der Produktion.“[4]

Die politische Ökonomie erforscht die Produktionsverhältnisse in ihrer Wechselwirkung mit den Produktivkräften. Die Produktivkräfte und die Produktionsverhältnisse in ihrer Einheit bilden die Produktionsweise.

Die Produktivkräfte sind das beweglichste und revolutionärste Element der Produktion. Die Entwicklung der Produktion beginnt mit Veränderungen in den Produktivkräften, vor allem mit Veränderungen und mit der Entwicklung der Produktionsinstrumente, sodann erfolgen entsprechende Veränderungen auch auf dem Gebiet der Produktionsverhältnisse. Die Produktionsverhältnisse der Menschen, die sich in Abhängigkeit von der Entwicklung der Produktivkräfte entwickeln, wirken ihrerseits aktiv auf die Produktivkräfte ein, sie fördern oder behindern deren Entwicklung.

Die Produktivkräfte der Gesellschaft können sich nur dann ungehindert entwickeln, wenn die Produktionsverhältnisse dem Stand der Produktivkräfte entsprechen. Auf einer bestimmten Stufe ihrer Entwicklung wird den Produktivkräften der Rahmen der gegebenen Produktionsverhältnisse zu eng, und die Produktivkräfte geraten in Widerspruch zu den Produktionsverhältnissen.

Infolgedessen werden die alten Produktionsverhältnisse früher oder später von neuen Produktionsverhältnissen abgelöst, die dem erreichten Entwicklungsstand und dem Charakter der Produktivkräfte der Gesellschaft entsprechen. Mit der Veränderung der ökonomischen Basis der Gesellschaft verändert sich auch ihr Überbau. Die materiellen Voraussetzungen für die Ablösung der alten Produktionsverhältnisse durch neue entstehen und entwickeln sich im Schoße der alten Formation. Die neuen Produktionsverhältnisse geben der Entwicklung der Produktivkräfte freie Bahn.

Somit ist das Gesetz der „unbedingten [5] Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte das ökonomische Entwicklungsgesetz der Gesellschaft.

In einer Gesellschaft, die auf dem Privateigentum und auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht, treten die Konflikte zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen im Klassenkampf zutage. Unter diesen Bedingungen vollzieht sich die Ablösung der alten Produktionsweise durch eine neue auf dem Weg der sozialen Revolution.

Die politische Ökonomie ist eine historische Wissenschaft. Sie untersucht die materielle Produktion in ihrer historisch bestimmten gesellschaftlichen Form, die ökonomischen Gesetze, die den entsprechenden Produktionsweisen eigen sind. Die ökonomischen Gesetze drücken das Wesen der ökonomischen Erscheinungen und Prozesse, den inneren, kausalen Zusammenhang und die zwischen ihnen bestehende Abhängigkeit aus. Jede Produktionsweise hat ihr eigenes ökonomisches Grundgesetz. Das ökonomische Grundgesetz bestimmt die wichtigsten Seiten, das Wesen der gegebenen Produktionsweise.

Die politische Ökonomie „untersucht zunächst die besondern Gesetze jeder einzelnen Entwicklungsstufe der Produktion und des Austausches und wird erst am Schluss dieser Untersuchung die wenigen, für Produktion und Austausch überhaupt geltenden, ganz allgemeinen Gesetze aufstellen können“.[6] Folglich werden die verschiedenen Gesellschaftsformationen in ihrer Entwicklung nicht nur durch ihre spezifischen ökonomischen Gesetze bestimmt, sondern auch durch die ökonomischen Gesetze, die für alle Formationen gleichermaßen gültig sind, zum Beispiel durch das Gesetz der unbedingten Übereinstimmung der Produktionsverhältnisse mit dem Charakter der Produktivkräfte. Folglich sind die Gesellschaftsformationen nicht nur voneinander getrennt durch die spezifischen ökonomischen Gesetze, die der betreffenden Produktionsweise eigen sind, sondern auch miteinander durch einige, allen Formationen gemeinsame ökonomische Gesetze, verbunden.

Die politische Ökonomie untersucht folgende aus der Geschichte bekannte Grundtypen von Produktionsverhältnissen: die Produktionsverhältnisse der Urgemeinschaft, der Sklaverei, des Feudalismus, des Kapitalismus und des Sozialismus. Die Urgemeinschaft[7] war die Gesellschaftsordnung vor der Spaltung der Gesellschaft in Klassen. Die Sklaverei, der Feudalismus und der Kapitalismus stellen verschiedene Formen der auf Versklavung und Ausbeutung der werktätigen Massen beruhenden Gesellschaft dar. Der Sozialismus ist eine Gesellschaftsordnung, in der es keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen gibt.

Die politische Ökonomie erforscht, wie die Entwicklung von den niederen Stufen der gesellschaftlichen Produktion zu ihren höheren vor sich geht, wie die auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruhenden Gesellschaftsordnungen entstehen, sich entwickeln und vernichtet werden. Sie zeigt, wie der gesamte Verlauf der historischen Entwicklung den Sieg der sozialistischen Produktionsweise vorbereitet. Sie erforscht ferner die ökonomischen Gesetze des Sozialismus, die Gesetze der Entstehung der sozialistischen Gesellschaft und ihrer weiteren Entwicklung zur höheren Phase des Kommunismus.

Somit ist die politische Ökonomie die Wissenschaft von der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse, d.h. der ökonomischen Verhältnisse der Menschen. Sie ergründet die Gesetze, denen die Produktion und die Verteilung der materiellen Güter in der menschlichen Gesellschaft auf ihren verschiedenen Entwicklungsstufen unterworfen sind.

Nicht nur aufgrund des historischen Charakters ihres Gegenstandes ist die politische Ökonomie eine historische Wissenschaft. Wie alle Wissenschaften ist sie eine gesellschaftliche Erscheinung, Teil des gesellschaftlichen Bewusstseins. Gerade als solche ist auch die politische Ökonomie eine historische Bewusstseinsform, die auf einer bestimmten Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung entstanden ist und sich seither im ständigen Prozess ihrer Entwicklung befindet. Die Gesetzmäßigkeiten der Entstehung und Entwicklung der politischen Ökonomie sind Gegenstand der Geschichte der politischen Ökonomie.

4. Der Charakter ökonomischer Gesetze

Die ökonomischen Entwicklungsgesetze sind objektive Gesetze. Ein ökonomisches Gesetz ist ein notwendiger, wesentlicher innerer und sich ständig wiederholender Zusammenhang in den Produktionsverhältnissen. Erst durch das Eindringen in die inneren Zusammenhänge der jeweiligen Produktionsverhältnisse, durch die Aufdeckung der ökonomischen Gesetze, erweist sich die politische Ökonomie als Wissenschaft. Im Gegensatz hierzu bezeichnet Marx alle Ökonomie als ›Vulgärökonomie‹, die sich nur innerhalb der scheinbaren Zusammenhänge der Produktionsverhältnisse herumtreibt und dadurch die ökonomischen Gesetze nicht aufdeckt, sondern zudeckt.[8]

Die ökonomischen Gesetze haben mit den Naturgesetzen den objektiven Charakter gemeinsam. Sie spiegeln die ökonomischen Entwicklungsprozesse wider, die sich unabhängig vom Willen der Menschen vollziehen. Die ökonomischen Gesetze entstehen und wirken auf der Grundlage bestimmter ökonomischer Bedingungen. Die Menschen können diese Gesetze erkennen und sie im Interesse der Gesellschaft ausnutzen, doch sie können die ökonomischen Gesetze nicht aufheben oder neue schaffen.

Die ökonomischen Gesetze unterscheiden sich – wie alle gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze – dadurch von den Naturgesetzen, dass sie nicht ewig sind, sondern mit neuen ökonomischen Verhältnissen notwendig neue ökonomische Gesetze entstehen. Sie unterscheiden sich zweitens von den Naturgesetzen dadurch, dass sie nur durch die gesellschaftliche Praxis, durch das Handeln der Menschen wirken. Die Menschen können folglich die ökonomischen Gesetze zwar nicht aufheben oder neue ökonomische Gesetze schaffen, aber sie können die Bedingungen ändern oder aufheben, unter denen ökonomische Gesetze wirken und damit den Wirkungsbereich dieser Gesetze ausdehnen, einschränken oder auf Null reduzieren.

Eine solche Ausnutzung der ökonomischen Gesetze trägt in der Klassengesellschaft stets Klassencharakter: die fortschrittliche Klasse jeder neuen Epoche nutzt die ökonomischen Gesetze im Interesse der Entwicklung der Gesellschaft aus, während die absterbenden Klassen sich dagegen zur Wehr setzen.

5. Die Methode der marxistischen politischen Ökonomie

Die Methode der marxistischen politischen Ökonomie ist die Methode des dialektischen Materialismus. Die marxistisch-leninistische politische Ökonomie beruht auf der Anwendung der grundlegenden Leitsätze des dialektischen und historischen Materialismus auf die Erforschung der ökonomischen Struktur der Gesellschaft. Ausgangspunkt ist der materialistische Grundgedanke, dass Natur und Gesellschaft unabhängig vom Willen und Bewusstsein der Menschen existieren, sich nach objektiven Gesetzen entwickeln und vom menschlichen Bewusstsein mehr oder minder genau widergespiegelt werden. Die marxistisch-leninistische politische Ökonomie ist die entwickeltste Form der Widerspiegelung der ökonomischen Struktur der Gesellschaft.

Zum Unterschied von den Naturwissenschaften kann sich die politische Ökonomie bei der Erforschung der ökonomischen Struktur der Gesellschaft keiner Experimente, keiner Versuche bedienen, wie sie unter künstlich geschaffenen Bedingungen im Laboratorium durchgeführt werden, unter Bedingungen, die jene Erscheinungen ausschalten, welche die Untersuchung eines Prozesses in seiner reinsten Form erschweren. „Bei der Analyse der ökonomischen Formen“, schrieb Marx, „kann ... weder das Mikroskop dienen noch chemische Reagenzien. Die Abstraktionskraft muß beide ersetzen.“[9]

Jede ökonomische Ordnung bietet ein widerspruchsvolles und kompliziertes Bild: in ihr sind Überreste des Vergangenen und Keime des Zukünftigen vorhanden, in ihr verflechten sich verschiedene Wirtschaftsformen miteinander. Die Aufgabe der wissenschaftlichen Forschung besteht darin, hinter dem äußeren Schein der wirtschaftlichen Erscheinungen mit Hilfe der theoretischen Analyse die in der Tiefe vor sich gehenden Prozesse, die Grundzüge der Ökonomik zu enthüllen, die das Wesen der gegebenen Produktionsverhältnisse zum Ausdruck bringen.

Das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Analyse sind die ökonomischen Kategorien, d.h. Begriffe, die den theoretischen Ausdruck der Produktionsverhältnisse einer gegebenen Gesellschaftsformation darstellen, wie z.B. Ware, Geld, Kapital und andere.

So sondert Marx bei der Analyse der kapitalistischen Produktionsverhältnisse zunächst das einfachste, am häufigsten sich wiederholende, massenhaft anzutreffende Verhältnis aus, den Austausch einer Ware gegen eine andere. Er zeigt, dass in der Ware, der Zelle der kapitalistischen Wirtschaft, in Keimform die Widersprüche des Kapitalismus enthalten sind. Ausgehend von der Analyse der Ware, erläutert Marx die Entstehung des Geldes, entschleiert er den Prozess der Verwandlung des Geldes in Kapital, das Wesen der kapitalistischen Ausbeutung. Marx weist nach, dass die gesellschaftliche Entwicklung unvermeidlich zum Untergang des Kapitalismus und zum Sieg des Kommunismus führt.

Die Methode von Marx besteht im allmählichen Aufsteigen von den einfachsten ökonomischen Kategorien zu den komplizierteren, was der fortschreitenden Entwicklung der Gesellschaft in aufsteigender Linie von den niederen Stufen zu den höheren entspricht. Bei dieser Methode der Erforschung der Kategorien der politischen Ökonomie wird die logische Erforschung mit der historischen Analyse der gesellschaftlichen Entwicklung verknüpft. „Die logische Behandlungsweise“, so betont Engels, „ist in der Tat nichts anders als die historische, nur entkleidet der historischen Form und der störenden Zufälligkeiten. Womit diese Geschichte anfängt, damit muss der Gedankengang ebenfalls anfangen, und sein weiterer Fortgang wird nichts anders sein als das Spiegelbild, in abstrakter und theoretisch konsequenter Form, des historischen Verlaufs; ein korrigiertes Spiegelbild, aber korrigiert nach Gesetzen, die der wirkliche geschichtliche Verlauf selbst an die Hand gibt, indem jedes Moment auf dem Entwicklungspunkt seiner vollen Reife, seiner Klassizität betrachtet wird.“[10] Die dialektische Logik der ökonomischen Theorien und Kategorien beruht auf dem Primat der objektiven Logik und Dialektik der Geschichte, der ökonomischen Tatsachen.

Die politische Ökonomie macht sich keineswegs zur Aufgabe, den historischen Entwicklungsprozess der Gesellschaft in all seiner konkreten Mannigfaltigkeit zu erforschen. Sie vermittelt die grundlegenden Begriffe von den Grundzügen eines jeden Systems der gesellschaftlichen Wirtschaft.

Lenin wies darauf hin, dass man die politische Ökonomie in Form einer Charakterisierung der aufeinanderfolgenden Perioden der ökonomischen Entwicklung darlegen muss. Dementsprechend werden in dem vorliegenden Lehrbuch der politischen Ökonomie die grundlegenden Kategorien der politischen Ökonomie – Ware, Geld, Kapital usw. – in der historischen Aufeinanderfolge untersucht, in der sie auf den verschiedenen Entwicklungsstufen der menschlichen Gesellschaft entstanden. So werden die elementaren Begriffe von der Ware und vom Geld schon bei der Charakterisierung der vorkapitalistischen Formationen vermittelt. In ihrer entfalteten Form werden diese Kategorien bei der Untersuchung der entwickelten kapitalistischen Wirtschaft dargelegt.

6. Die Bedeutung der marxistischen politischen Ökonomie für den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse

Die politische Ökonomie der Arbeiterklasse ist untrennbarer Bestandteil der marxistisch-leninistischen Theorie. Sie kann daher nur in unlösbarem Zusammenhang mit den beiden anderen Bestandteilen des Marxismus-Leninismus, dem dialektischen und historischen Materialismus sowie dem wissenschaftlichen Kommunismus, verstanden und angewendet werden. Beim Studium der politischen Ökonomie ist stets davon auszugehen, dass die Geschlossenheit, Logik und Folgerichtigkeit des Marxismus-Leninismus auf dem philosophischen Fundament des dialektischen und historischen Materialismus beruhen. Ohne dialektisches und historisches Herangehen ist es unmöglich, die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung exakt zu analysieren und darzustellen.

Die großen Führer und Theoretiker der Arbeiterklasse, Karl Marx und Friedrich Engels, waren die Begründer der proletarischen politischen Ökonomie. In seinem genialen Werk „Das Kapital“ enthüllte Marx die Gesetze der Entstehung, der Entwicklung und des Untergangs des Kapitalismus, begründete er ökonomisch die Unvermeidlichkeit der sozialistischen Revolution und der Errichtung der Diktatur des Proletariats. Marx und Engels arbeiteten in allgemeinen Zügen die Lehre von der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus und von den zwei Phasen der kommunistischen Gesellschaft aus.

Die ökonomische Lehre des Marxismus wurde in den Arbeiten des Begründers der Kommunistischen Partei und des Sowjetstaates, des genialen Fortführers des Werks von Marx und Engels, in den Arbeiten Lenins schöpferisch weiterentwickelt. Lenin bereicherte die marxistische ökonomische Wissenschaft durch die Verallgemeinerung der neuen Erfahrungen der historischen Entwicklung, indem er die marxistische Lehre vom Imperialismus schuf, er enthüllte das ökonomische und politische Wesen des Imperialismus, legte die Ausgangsthesen des ökonomischen Grundgesetzes des modernen Kapitalismus dar, arbeitete die Grundlagen der Lehre von der allgemeinen Krise des Kapitalismus aus, schuf eine neue, in sich geschlossene Theorie der sozialistischen Revolution und arbeitete wissenschaftlich die Grundprobleme des Aufbaus des Sozialismus und Kommunismus aus.

J. W. Stalin stellte eine Reihe neuer Leitsätze der politischen Ökonomie auf und entwickelte sie weiter, wobei er sich auf die grundlegenden Arbeiten von Marx, Engels und Lenin stützte, die die einzige einheitliche, wissenschaftliche politische Ökonomie geschaffen haben.

Die marxistisch-leninistische ökonomische Theorie wurde in den Beschlüssen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, in den Arbeiten der Schüler und Kampfgefährten Lenins, der Führer der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und der kommunistischen und Arbeiterparteien der anderen Länder schöpferisch weiterentwickelt. In diesem Prozess entstand während des sozialistischen Aufbaus die politische Ökonomie des Sozialismus als jüngster Bestandteil der einheitlichen marxistisch-leninistischen politischen Ökonomie.[11]

Als wissenschaftlicher Ausdruck der Erfahrungen der internationalen Arbeiterklasse im revolutionären Kampf für den Sturz des Kapitalismus und bei der Errichtung der kommunistischen Gesellschaft trägt die politische Ökonomie des Marxismus-Leninismus einen zutiefst internationalistischen Charakter. Ihre allgemeingültigen Erkenntnisse und Lehren können daher von der Arbeiterklasse, unter Berücksichtigung der konkreten historischen Bedingungen des Klassenkampfes, in jedem Land schöpferisch angewandt werden. Die marxistisch-leninistische politische Ökonomie ist eine mächtige ideologische Waffe in den Händen der Arbeiterklasse und der gesamten werktätigen Menschheit in ihrem Kampf für die Befreiung vom kapitalistischen Joch. Die unüberwindliche Kraft der ökonomischen Theorie des Marxismus-Leninismus liegt darin, dass sie die Arbeiterklasse, die werktätigen Massen mit der Kenntnis der Gesetze der ökonomischen Entwicklung der Gesellschaft ausrüstet, dass sie ihnen eine klare Perspektive und die feste Überzeugung vom endgültigen Sieg des Kommunismus vermittelt.